Warum? Weil es mir hilft meine Gedanken, meine Gefühle
auszuformulieren und nach außen zu tragen. Zumindest manchmal.
Und es soll ja tatsächlich Leute geben, die sowas
interessiert.
Aktuell befinde ich mich in einer tiefen depressiven
Phase.
Die schlimmste und tiefste depressive Episode seit
Jahren.
In dieser Phase gibt es meinen Kopf… meine Gedanken… im
Grunde in 2 verschiedenen Formen.
Die 1. ist die Laute.
Nicht ich bin laut. Sondern in meinem Kopf ist es laut.
Ich höre keine Stimmen in klassischen Sinnen, ich bin nicht Schizophren.
Trotzdem beschreibe ich das als Stimmen in meinen Kopf. Es fühlt sich so an als
wäre es laut in meinen Kopf. Da ist Etwas das auf mich einredet. Dieses Etwas
sind genau genommen sehr viele Etwase. Wie gesagt, keine Stimmen im klassischen
Sinne. Es sind Gedanken und auch wenn sie sich oft fremd anfühlen (und in
meinen Kopf auch immer männlich klingen), so weiß ich durchaus, dass es meine
eigenen Gedanken sind. Sie plappern unentwegt auf mich auf ein und im Grunde
haben sie nichts Gutes zu sagen.
Dieser Lärm in meinen Kopf macht mich an manchen Tagen
wirklich wahnsinnig. Das ist kein Dauerzustand. Wenn es mir gut geht, dann ist
auch in meinen Kopf alles normal. Dann kann ich meine Gedanken bündeln, sie
klar formulieren, abwägen und sie abstellen. Also jedenfalls den Teil den ich
aktiv wahrnehme.
Wenn die Depression immer stärker wird, dann verliere ich
diese Kontrolle. Sie werden wirsch, laut, unstrukturiert. Kurz: Belastend. Ich
kann sie nicht sortieren, ich kann sie nicht zum schweigen bringen und ich kann
sie auch nicht ausblenden. Ich weiß das es meine Gedanken sind. Die, die ich
normalerweise nicht ausspreche, die die ich normalerweise nicht zulassen will
und auch die, von denen ich weiß das sie falsch sind. Doch sie fühlen sich
fremd an. Als kämen sie von außerhalb. In dieser Phase kommen die ersten
zaghaften Suizidgedanken.
Der Lärm kommt nicht von heute auf morgen. Schon bei
kleineren Down Phasen (die ich regelmäßig habe) kommen die ersten, sanften
Stimmen. Es ist dann auch kein dauerndes Geplapper, sondern es sind hier und da
ein paar bissige Kommentare in meinen Kopf, die nur für mich bestimmt sind.
Ehrlich gesagt kommt das so oft vor, das ich es inzwischen fast als normal Zustand
akzeptiert habe. Als Depressiver bin ich eben selbst mein größter Feind.
Im laufe der Zeit einer depressiven Phase werden es mehr.
Es kann Wochen oder Monate dauern bis aus den vereinzelnten Kommentaren in
meinen Kopf ein belastender Lärm wird und oft kommt es nicht so weit. Häufig
werden die bissigen Kommentare mehr, es fängt an lästig zu werden und dann,
dann wird es weniger. Es schwillt wieder ab, ich kann es ausblenden,
ignorieren.
Oder aber es wird schlimmer. Dann folgt die 2. Form.
Die 2. Form ist die Stille.
Keine angenehme Ruhe. Sondern absolute Stille ich meinen
Kopf. Wo vorher noch überall Stimmen, Gedanken und Gefühle waren, ist nun
nichts mehr. Es ist still. Erschreckend still. Ich fühle nichts mehr. Alles um
mich herum ist wie in Watte gepackt. Das betrifft nicht nur meine Gedanken,
auch die Farben um mich herum… die Welt ist plötzlich so grau und farblos… die Geräusche…
alles ist so gedämpft, als wäre es weit weg. Es fühlt sich an als wäre man ganz
allein. Alles ist mir dann egal.
Ich habe heute noch nichts gegessen? Egal.
Ich habe seit 2 Wochen nicht geduscht? Egal.
In dieser Phase interessiert mich dann auch nicht mehr ob
ich meine Medikamente heute schon genommen habe oder nicht. Oder ob ich sie
gestern genommen habe. Habe ich sie diese Woche überhaupt schon genommen? Ach..
egal. Die Stille in meinen Kopf ist nicht so absolut wie sie sich anfühlt. Da
sind Gedanken. Nur noch ein klarer Gedanke der sich immer im Kreis dreht. Jede
Kleinigkeit wird „zerdenkt“ bis ich vergessen habe worum es eigentlich ging.
Auch die Suizidgedanken sind nun sehr zentral. Sie sind
klar in meinen Kopf formuliert. Von der „ich will nicht mehr Leben“ Phase
wechselt es sehr schnell zu einer konkreten Planung. Wie? Wo? Wann? Was brauche
ich? Was muss ich beachten? Das sind keine neuen Gedanken. Eigentlich ist der „Plan“
schon seit vielen Jahren in meinen Kopf gespeichert. Ich habe mich schon vor
langer Zeit entschieden wie, wann, wo etc. Aber auch diese Planung wird dann
immer und immer wieder durchgekaut. Der Gedanke ist klar formuliert, aber es
dreht sich im Kreis. Immer und Immer wieder. Oft tue ich gar nichts anderes als
nachdenken. Dabei sitze ich auf den Sofa oder liege im Bett und trotzdem fühle
ich mich am ende des Tages völlig geschafft. Ich bin am Ende meiner Kräfte.
Dieses zerdenken von allen ist unglaublich anstrengend, so erschöpfend.
Aktuell befinde ich mich noch in der 1. Phase. Aber ich
spüre bereits wie es in die 2. Phase übergeht. Wie aus dem Lärm langsam immer
mal wieder Stille wird. Nur für ein paar Stunden, bevor es dann wieder laut
wird. Aber trotzdem kann ich nichts tun. Ich fühle mich wie ein gefangener
meiner Selbst. Als wäre ich ein unbeteiligter Zuschauer der sich das ganze anschaut.
Und selbst das zuschauen kostet einfach soviel Kraft. Mal sehen wann die Stille
länger als nur für ein paar Stunden pro Tag bleibt.
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